von Tina Rausch

2018 veröffentlichte Lukas Rietzschel „Mit der Faust in die Welt schlagen“. Sein Debütroman wurde mehrfach ausgezeichnet und für die Bühne adaptiert. 2020 erschien er in der Reihe „Zoom – näher dran!“ bei Ernst Klett Sprachen in einer vom Autor autorisierten Fassung. Jetzt gibt es ihn als Film (hier gehts zum Trailer): Nach der Weltpremiere auf der Berlinale 2025 läuft er seit April im Kino. Dabei realisierte Regisseurin und Drehbuchautorin Constanze Klaue ihr Leinwanddebüt frei nach der literarischen Vorlage.

Worum geht es in „Mit der Faust in die Welt schlagen“?

Die Story ist in Buch und Film grundsätzlich gleich: Die Brüder Philipp und Tobias wachsen in der sächsischen Provinz auf, wo sich die Eltern – eine Krankenschwester und ein Elektriker – vom eigenen Hausbau den Start in ein neues Leben erhoffen. In der Familie herrscht eine bedrückende Sprachlosigkeit. Fragen der Jungen, speziell was Geschichtliches und Politisches betrifft, laufen ins Leere. Als in der Schule Hakenkreuzschmierereien auftauchen, verweigern auch Lehrkräfte und Polizei jegliches Gespräch. Also suchen Philipp und Tobias anderswo nach Orientierung … 

Als Schreibanlass für seinen ersten Roman nannte Lukas Rietzschel die Ereignisse von 2014 und 2015: die Willkommenskultur auf der einen Seite und die Fremdenfeindlichkeit auf der anderen – nicht nur, aber vor allem in den ostdeutschen Bundesländern.[1]

Große Themenvielfalt in „Mit der Faust in die Welt schlagen“

Der Roman besticht durch seine Themenvielfalt mit hoher gesellschaftspolitischer Relevanz. Es geht um:

  • Heimat
  • Provinz
  • Familie
  • Identität
  • Rollenbilder
  • toxische Männlichkeit
  • Perspektivlosigkeit
  • (Un-)Gerechtigkeit
  • Ost-West-Konflikt
  • Rassismus
  • Nationalismus
  • Rechtsextremismus
  • Radikalisierung

Mit dem Staatsschauspiel Dresden, dem Düsseldorfer Schauspielhaus und dem Theater Heilbronn brachten gleich drei große Theater „Mit der Faust in die Welt schlagen“ rasch auf die Bühne. [2] Bemerkenswert ist: Jede Inszenierung setzte einen etwas anderen thematischen Schwerpunkt und löste sich teils von der literarischen Vorlage. Ein zentrales Zitat kommt – leicht variiert – in jeder Inszenierung vor:

„Alle anderen dürfen stolz auf ihr Land sein, nur in Deutschland ist das verboten!“[3]

Die Verfilmung bereichert den Deutschunterricht

Lukas Rietzschel schätzt den freien Umgang mit seinem Roman. So bekam Constanze Klaue den Zuschlag, gerade weil sie keine Eins-zu-eins-Verfilmung plante. „Mein eigenes Konzept überzeugte Lukas“, erzählt Klaue beim Filmscreening in München im März 2025. Bei einem Spaziergang an der Neiße habe sie ihm gesagt, dass sie sich aus dem Buch nur nehme, was sie brauchen könne – und alles andere weglasse.

Auf keinen Fall wollte sie einen „Erklärfilm“ machen, sagt die Filmemacherin. „Mit der Faust in die Welt schlagen“ erzählt vom Aufwachsen in der Provinz aus der Sicht von Kindern. Obgleich im Osten Deutschlands angesiedelt, ist ein Großteil der verhandelten Themen und Probleme übertragbar. Dennoch habe Klaue speziell bei den Vorführungen in den ostdeutschen Bundesländern eine große Dankbarkeit im Publikum gespürt: weil sie die (Kindheits-)Geschichte der Menschen aus deren Perspektive erzählt habe. „In der Literatur gibt es das“, sagt Klaue, „im Film eher nicht.“ 

Gerade dank seiner Eigenständigkeit kann der Film den Deutschunterricht bereichern. Aufgrund der inhaltlichen Abweichungen ersetzt er keine selbstständige Lektüre – und eignet sich neben dem reinen Vergleich mit der literarischen Vorlage auch als autarkes Werk für die Film- und Medienbildung.

Weitere Infos zum Buch und dessen Einsatz im Unterricht sowie pädagogisches Begleitmaterial zum Film finden sich auf der Themenseite von Ernst Klett Sprachen.

 

Tina Rausch ist freie Redakteurin, Lektorin und Literaturvermittlerin. Sie gibt Workshops für Schulkassen, Fortbildungen für Lehrkräfte und erstellt Unterrichtsmaterialien.

 

[1] Vgl. www.youtube.com/watch?v=MEHgg1xhpaw, Min. 2.05.

[2] Für die Uraufführung im Staatsschauspiel Dresden im September 2019 verfasste Lukas Rietzschel selbst die Bühnenfassung.

[3] Vgl. Ausgabe Klett Sprachen, S. 111.

Fotonachweis: Bild 1:  Camille Moltzen als Tobi, Bild 2: Anton Franke als Philipp: © Across Nations GmbH 2025