Lesekompetenz ist für die Teilhabe in jeder Gesellschaft essenziell. Diese zu erwerben ist durch die modernen digitalen Medien noch komplexer und anspruchsvoller geworden.
Jeder Bürger in Europa soll so lesen können, dass er am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Davon sind wir noch weit entfernt. So heißt es im Abschlussbericht der EU High Level Group of Experts on Literacy, September 2012: „In Europa sind mehr als 73 Millionen Erwachsene Analphabeten und jeder fünfte 15-Jährige hat schlechte Lesefähigkeiten.“
In Deutschland gibt es zahlreiche Projekte und Initiativen, die in der Bevölkerung, unter Eltern, Lehrern und Erziehern ein Bewusstsein schaffen wollen für die gesamtgesellschaftliche Problematik des hohen Anteils an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit unzureichender Lesekompetenz.
Sie wollen mit vielfältigen schulischen und außerschulischen Aktivitäten das Interesse am und die Fähigkeit zum Lesen von Menschen unterschiedlichster Alterststufe, Herkunft und Lebenslage fördern.
Doch wie ist es außerhalb Deutschlands in anderen europäischen Ländern? Die Problematik ist dort in gleichem Maße vorhanden. Welche Ideen hat man dort, um Lesen in den Fokus zu stellen? Wie präsent ist Lesen im Alltag von Menschen jeden Alters? Wie wird Lesen dort gefördert? Und könnte man die eine oder andere Idee auch in Deutschland umsetzen?
In Portugal folgt man einem Nationalen Leseplan, der sich von 2017 – 2027 die Förderung der Lesekompetenz auf allen Altersstufen zum Ziel gesetzt hat. Es finden sich zahlreiche Projekte wie die Woche des Lesens im März, mit zahlreichen schulischen Aktivitäten und Veranstaltungen, aber auch unter Einbezug von Bibliotheken, Autoren, Vereinen, Museen und anderen interessierten Einrichtungen.
Es wurde eine Digitale Bibliothek etabliert, die offiziell genehmigte Bücher in digitalem Format für verschiedene Altersstufen, Zielgruppen und Bedürfnisse zur Verfügung stellt.
In Finnland findet jeden April eine Lesewoche statt, mit einem ähnlichen Ansatz wie in Portugal.
Gleich einen ganzen Monat steht jedes Jahr im März in Belgien Lesen im Vordergrund. Zielgruppe sind Kinder von 4 – 12 Jahren. Jedes Jahr steht der Kinderbuchmonat unter einem bestimmten Thema, um welches herum sich die literarischen Aktivitäten ansiedeln.
An einem eher ungewöhnlichen Ort trifft man in Spanien auf Bücher: in den Metrostationen Madrids. Dort wo tagtäglich mehr als 100.000 Pendler unterwegs sind, findet man an 12 Stationen Ausleihstellen für Bücher. So kann man im Vorbeigehen und kostenlos seinen Lesevorrat erneuern. Angesprochen ist jede Altersgruppe, denn Lesen soll ein Begleiter fürs Leben sein. Vielleicht wäre das eine Idee für Städte in Deutschland mit U-Bahnnetz.
Jeweils am 2. Freitag im November, wenn es draußen schon kalt und drinnen umso gemütlicher ist, findet in der Schweiz eine Erzählnacht statt. Ausgehend von einem gemeinsamen Motto können alle Beteiligten ihrer Fantasie freien Lauf lassen und anhand von zahlreichen Ideen und Vorschlägen diese Nacht gestalten. Vom Vorlesen, über Theaterspiel bis hin zu Autorenlesungen, alles ist möglich.
Die finnische Kampagne „Worte sind wichtig“ hat eine besonders schwer zu erreichende Zielgruppe im Blick, die Berufsschüler. Durch vielfältige praxisbezogene Aktivitäten soll die Lesekompetenz von Berufsschülerinnen und Berufsschülern gestärkt werden. Bei ihnen soll ein Bewusstsein geschaffen werden für die Vorteile, die gute Lesekompetenz in der heutigen Arbeitswelt bietet. Lebenslanges Lernen soll angebahnt werden.
Noch viele weitere interessante Projekte und Ideen findet man in Europa. Sicher lohnt sich bei dem einen oder anderen Projekt ein genauerer Blick. Möglich, dass man Ideen daraus im Kleinen oder im Großen auch bei uns einführen kann.