von Lena Krogmeier
Kooperative Lektüre
Die Leselust ist zwar groß, der Lehrplan aber voll, die Zeit zu knapp und die meisten Lektüren zu umfangreich, als dass sie zeitlich noch ins Programm passen würden – ein Dilemma, in dem sich viele Spanischlehrkräfte befinden. Häufig werden daher einzelne Kapitel ausgelassen, sodass es den Schülerinnen und Schülern schwerfällt, die ganze Geschichte nachzuvollziehen.
Eine Alternative: die arbeitsteilige, kooperative Erschließung des Romans in Stamm- und Expertengruppen. Der mit dem Premio Jordi Sierra i Fabra ausgezeichnete Jugendroman Al otro lado de la pantalla von Alba Quintas Garcianda eignet sich aufgrund seiner multiperspektivischen Kapitelstruktur besonders für eine kooperative Lektüre und greift dabei Themen auf, die für Jugendliche eine große Rolle spielen wie z. B. die Gefahren sozialer Netzwerke, Cybermobbing, Liebe, Freundschaft und Angst, Alkoholkonsum / botellón oder das Schulleben in Spanien.
Cybermobbing aus 7 Perspektiven
Der Roman erzählt aus sieben Perspektiven die Geschichte um den 17-jährigen Schüler Luis, der zunächst mit dem Upload eines peinlichen botellón-Fotos auf das Netzwerk Tuenti und später auch außerhalb sozialer Netzwerke von seinen Klassenkameraden ausgegrenzt und gemobbt wird. In jedem Kapitel werden die Geschehnisse von unterschiedlichen Ich-Erzählern geschildert, die wie Puzzleteile zu einem Gesamtbild beitragen. So wird die Situation aus den Blickwinkeln des Opfers Luis, dessen besten Freundes Juan Carlos, der Freundin Alicia, des Täters Álex, dessen Freundin Estrella, des Vaters Manuel und des Informatiklehrers Roberto beschrieben. Wenn Ihre Lerngruppe die Rahmenhandlung gemeinsam (Kapitel 1 und Epilog) und die übrigen 6 Kapitel arbeitsteilig liest, erhält jede Kapitelgruppe einen anderen Blick auf das Geschehen, wobei doch die Grundhandlung allen bekannt ist. Das Spannende sind gerade die Wissenslücken, die sich durch die partielle Lektüre ergeben und die nur durch den Austausch mit Gruppen der anderen Kapitel geschlossen werden können.
Erarbeitung in 3 Schritten
Alle Schülerinnen und Schüler lesen zunächst Kapitel I, um eine gemeinsame Basis zu schaffen: Hierbei wird thematisch und sprachlich vorentlastet, Bezüge zur eigenen Lebenswelt werden hergestellt, das Leseverstehen gesichert und die Personenkonstellation erarbeitet. Auf dieser Grundlage wird in einem zweiten Schritt in Kleingruppen weiter gearbeitet: Jede Gruppe befasst sich in einer Lesekonferenz intensiv anhand eines Aufgabenblattes mit einer Perspektive auf das im Roman thematisierte Problem, wobei u. a. nach Seitenanzahl der Kapitel differenziert werden kann. Die Aufgaben dienen dazu, sich so gut wie möglich in den jeweils ausgewählten Charakter hineinzuversetzen und seine Motive und Beweggründe zu verstehen. Zudem überlegen sich die Lernenden Fragen, die sie in der folgenden Gruppenarbeitsphase den anderen Charakteren stellen wollen. Während dieser Stammgruppenphase werden die jeweiligen Charaktere und ihre Sicht auf das Geschehen vorgestellt, wobei sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig Fragen dazu stellen, die immer aus der jeweiligen Perspektive beantwortet werden, bevor dann zuletzt alle gemeinsam den Epilog lesen, Auswirkungen des Cyberbullying erarbeiten und aus den gewonnenen Einsichten Konsequenzen für den eigenen Umgang mit sozialen Netzwerken ableiten.
Alba Quintas Garciandia
Al otro lado de la pantalla
126 Seiten
978-3-12-535691-7
Al otro lado de la pantalla
Guía didáctica
64 Seiten
978-3-12-535698-6