von Susanne Heinz

Neue Lernansätze wie die Multiliteracies-Didaktik stellen angesichts der heute weltweiten digitalen Durchdringung unserer Alltagskultur die Dominanz der etablierten Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen in Frage und plädieren für ein neues Verständnis von Sprache und somit auch von Fremdsprachenlernen.

Multimodalen Formen der Kommunikation kommt hierbei eine zentrale Rolle zu:

In today’s learning environments, we need to supplement traditional reading and writing skills with multimodal communications, particularly those typical of new, digital media.

Mary Kalantzis & Bill Cope (2012): „Introduction“. In: Literacies. Cambridge U.P., S. 1-2

„Sicherlich richtig“, werden viele Leser aufmerken, aber wie soll ich das denn auch noch im Unterricht umsetzen? Schauen wir ein paar Lektüretipps und Optionen für einen multimodal approach to literature an.

Was sind multimodale Lektüren?

Multimodale Lektüren, etwa reich bebilderte gekürzte Adaptionen von Klassikern wie den Sherlock Holmes Stories oder beliebten Shakespeare-Dramen sind schon lange im Unterricht angekommen. Sie beinhalten neben dem gedruckten Text mindestens eine weitere mode, d. h. eine visuelle, auditive, audiovisuelle Bedeutungsebene. Graphic novels ermöglichen im Bereich Jugendbuch „echte“ und zugleich altersgerechte Literatur sehr viel früher ohne Lesefrust und sprachliche Überforderung in den Englischunterricht einzubinden und Reluctant Readers schnellere Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Gelungene Beispiele hierfür sind Yummy von Greg Nerie, The Graveyard Book von Neil Gaiman und P. Craig Russell sowie This One Summer von Jillian und Mariko Tamaki. Interessant für den Englischunterricht sind auch cartoon novels wie Diary of a Wimpy Kid von Jeff Kinney oder The Absolutely True Diary of a Part-Time Indian von Sherman Alexie. Bei letzteren Lektüren oder auch den zunehmend auf den Buchmarkt drängenden, von renommierten Künstlern angefertigten illustrierten Buchausgaben, – exemplarisch seien hier die Arbeiten von Jim Kay (A Monster Calls, Harry Potter and the Philosopher’s Stone) genannt – überwiegt zwar der Textanteil, aber die eingefügten Bilder bieten eine spannende, veränderte Perspektive auf die Geschichte und die Aussagen des Textes.

Wie kann mit Lektüren multimodal gearbeitet werden?

Bei der Arbeit mit multimodalen Lektüren stellt sich immer die Frage, wie den unterschiedlichen Erzählebenen bei der gemeinsamen Bedeutungsaushandlung im Unterricht Rechnung getragen wird. Multimodale Arbeit mit Literatur bedeutet ferner, neben der Behandlung der Lektüre im Unterricht, Filme und Audiofassungen des Originaltextes in die Lektürearbeit zu integrieren. Zu beachten ist zudem, dass alle literarischen Texte auch ohne Einbezug von ergänzenden Bildern, Filmausschnitten oder Hörbuchfassungen prinzipiell von jedem Leser in unterschiedlicher Art und Weise visualisiert und multimodal imaginiert werden. Für den letzten Punkt bieten gerade digitale Medien gute Möglichkeiten, die individuelle Textrezeption in Form multimodaler Schülerprodukte aufzugreifen. Ein sehr variabel im Unterricht einzusetzendes multimodales Aufgabenformat ist die Produktion von digital stories. Diese können ganz unterschiedliche Formate einnehmen und verschiedene Funktionen in der Lektüreinterpretation und der multimodal reader response erfüllen: von verdichteten plot summaries mit nur 1-3 minütiger Dauer (z. B. als Einstieg in eine Buchpräsentation) bis hin zur Erstellung eines book trailers oder dem Inszenieren und Filmen von Einzelszenen aus der Lektüre. Einen ganz konkreten Einstieg in die Arbeit mit multimodalen Texten bietet das Lehrerhandbuch zu Skellig, einem Roman von David Almond. Es bietet zahlreiche digital zu bearbeitenden Aufgabenformate und Hinweise für die Nutzung der Hörbuchfassung und Filmadaption.

Greg Neri
Yummy
The Last Days of a Southside Shorty
100 Seiten
978-3-12-578205-1